Das Thema der Unterrichtsreihe lautete “Der Mensch – ein kulturelles Wesen!” Unter diesem Titel hatte sich der sozialwissenschaftliche Kurs des 9. Jahrgangs u.a. mit der Erziehungsbedürftigkeit des Menschen, seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Gruppen, dem Erwerb sozialer Rollen und dem (auch geschlechtsspezifischen) Rollenverhalten beschäftigt. Zu der in diesem Zusammenhang aufkommenden Frage “Gleichberechtigung – Wunsch oder Wirklichkeit?” lud die Fachlehrerin Frau Kreielkamp-Gesing die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Stadtlohn Frau Cordula Mauritz in den Unterricht ein.
Der von Frau Mauritz als Einstieg gewählte Impulsfilm sorgte für einige Überraschungen. “Wie lange dauert es bis zur völligen Gleichberechtigung der Geschlechter, wenn das bisherige Reformtempo beibehalten wird?” Die schockierende Antwort: “217 Jahre!”
Nachdem die Gleichstellungsbeauftragte sich mit ihrem persönlichen und beruflichen Werdegang den Jugendlichen vorgestellt hatte, begann sie ihre Ausführungen mit dem Verweis auf das Grundgesetz, in dem seit 1949 steht, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. 1994 folgte die Ergänzung ‘Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin’. “Die Umsetzung dieses Verfassungsauftrages ist meine Hauptaufgabe”, erklärte Mauritz. “Die konkrete Verwirklichung erfolgt u.a. durch den Einsatz für Frauenförderung, die Beratung von Frauen in Krisensituationen, die Schaffung von Bildungsangeboten, aber auch durch die Erstellung eines Kulturprogramms.”
Frau Mauritz stellte den Jugendlichen frauenrelevante Themen vor, zu denen neben Beruf, Rente, Gesundheit auch das Phänomen Gewalt gehört. Besonders wichtig sei es, das Thema Gewalt aus der Tabuzone zu holen. “Überhaupt ist es mein Anliegen, die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu heben.”
Um die Fünfzehnjährigen für das Thema Gleichberechtigung zu sensibilisieren, sprach die Expertin freimütig über sich und ihre persönliche Familien- und Lebenssituation. Dadurch fühlten sich die Neuntklässler ermutigt, auch über das von ihnen erlebte elterliche Rollenverhalten zu berichten. “Es gibt verschiedene Modelle eines ’emanzipierten’ Familienlebens. Jede Familie muss ihre eigene Form finden. Dazu ist es dann auch mal nötig, die ‘Komfortzone’ zu verlassen”, kommentierte der Gast.
Frau Mauritz forderte die jungen Leute nachdrücklich dazu auf, bei der Berufswahl sehr umsichtig zu sein. Im Gegensatz zu früher müsse man heute als Mädchen von einer lebenslangen Berufstätigkeit ausgehen. Diese schränke die (meist weibliche) Altersarmut deutlich ein.
Zur weiteren Vertiefung und Veranschaulichung des Themas händigte die Gleichstellungsbeauftragte den Schülerinnen und Schülern Prospektmaterial aus, welches den Informationsgehalt der Unterrichtstunde komplettierte.